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Interview mit Katrin Zirkel: Leistungsdruck und Schulstress

Interview mit Katrin Zirkel: Frustriertes Mädchen
Bildnachweis: Pixabay

In unserem Interview mit Katrin Zirkel haben wir die Bochumer Heilpraktikerin für Psychotherapie und Burnout-Beraterin zum Thema Leistungsdruck und Schulstress bei Kindern befragt.

Liebe Frau Katrin Zirkel: Wie Studien belegen, können auch Kinder – ähnlich wie wir Erwachsene – ein Gefühl des Ausgebrannt-Seins empfinden. Spricht man in diesem Fall auch bei Kindern von Burn-out?

Der Begriff Burn-out wird im engeren Sinne nur für Erschöpfungszustände im Beruf verwendet, wenn man sich für die Arbeit zu sehr verausgabt. Aber das bedeutet ja nicht, dass nicht auch Kinder das Gefühl des Ausbrennens erleben können. Wie auch bei Erwachsenen ist dabei oft der Anspruch an sich selbst zu hoch. Meist betrifft ein Burn-out Tätigkeiten, die wir eigentlich sehr gerne machen. Manchmal geben wir einfach zu viel und achten nicht mehr auf die Signale, die sagen „Hey, ich brauche mal eine Pause“.

Was sind die Gründe dafür?

Das kann individuelle Ursachen haben. Bei Jugendlichen ist es oft der Druck von außen, durch die sogenannte Peergruppe, also Gleichaltrige. Und in Zeiten von Social Media und Co. beschränkt sich diese Peergruppe nicht nur auf den Freundeskreis und die eigene Klasse. Jugendliche vergleichen sich im Grunde mit der ganzen Welt. Das kann immensen Druck ausüben, vor allem, da man sich in der Social Media Welt in der Regel nur von seiner besten Seite zeigt.

Ein weiterer Grund ist das große „Feld der Möglichkeiten“. Unseren Kindern steht vor allem beruflich die ganze Welt offen. Diese „Qual der Wahl“ kann befreiend sein, aber auch Angst machen. Damit einher geht dann auch der Leistungsdruck in der Schule, da man in der schnelllebigen Welt oft das Gefühl hat, nicht gut genug zu sein. Viele Jugendliche aber auch Kinder haben dadurch auch an sich selbst enorme Ansprüche. Und manchmal halten sie ihrem eigenen Druck nicht stand.

Manchmal erzeugen aber auch die Eltern den Druck. Zum Beispiel, wenn sie sich etwas für ihr Kind wünschen, was sie selbst nie erreicht haben, was aber überhaupt nicht mit dem Wesen des Kindes vereinbar ist. Oder wenn sich Eltern und/ oder Kinder zu Dingen verpflichtet fühlen, weil „alle anderen das auch so machen“. Wenn aber unser generelles Stresslevel hoch ist, rutschen wir schnell in die Überforderung. Denn unverarbeiteten Stress nehmen wir unbewusst auch in andere Lebensbereiche mit.

Welche Folgen kann das haben?

Die Folgen eines dauerhaften Stresszustandes können sich sehr individuell äußern. Häufiges Warnsignal ist eine deutliche Veränderung des Verhaltens – bis hin zu Verhaltensauffälligkeiten. Dabei gibt es Kinder und Jugendliche, die eher „nach vorn“ reagieren. Das heißt, sie werden aggressiv, unkontrolliert, toben, schreien und trampeln oder reagieren ungehalten und trotzig.

Andere Kinder wiederum ziehen sich zurück, sprechen weniger, haben kein Interesse mehr an sozialen Kontakten oder sind traurig, ängstlich oder besorgt. Wie auch bei Erwachsenen können sich daraus langfristig auch Krankheitsbilder wie Depressionen oder Angststörungen entwickeln.

Was sind typische Warnsignale, die auf eine Überforderung des Kindes hindeuten könnten?

Die Signale können vielschichtig sein. Neben den oben genannten Verhaltensauffälligkeiten können auch Lernblockaden, Schlafstörungen, plötzlich auftretende irrationale Ängste wie z. B. die Entwicklung einer Höhenangst, Fremdeln, Weinattacken oder erneutes Einnässen ein Zeichen sein, dass es gerade zu viel ist. Die meisten Kinder können die Überforderung nicht artikulieren. Sie leben ihre Überforderung in den Symptomen aus, die ein Hilfeschrei des Körpers sind, dass hier etwas zu viel ist.

Glauben Sie, dass durch das vergangene Corona-Jahr mehr Kinder betroffen sind?

Es gibt im psychologischen Bereich leider immer auch eine Dunkelziffer. Sicher ist aber, dass festgestellte psychische Erkrankungen durch Corona sprunghaft angestiegen sind. Ich denke aber, dass viele mögliche Erkrankungen bislang noch unentdeckt geblieben sind. Denn oftmals vergeht einige Zeit zwischen Festigung eines Krankheitsbildes und der abschließenden Diagnose.

Insbesondere bei Kindern kann dieser Prozess des Erkennens einige Zeit dauern. Daher sollten wir jetzt handeln, bevor sich die Zahlen weiter nach oben korrigieren. Denn wenn man frühzeitig ansetzt, kann eine gefestigte Erkrankung oftmals noch vermieden werden.

Inwiefern spielt in diesem Zusammenhang auch der Stress der Eltern eine Rolle?

Kinder sind – nicht nur in Zeiten von Corona – ein Spiegel von uns. Kinder und Jugendliche spüren sehr deutlich, wenn die Eltern gestresst sind oder es ihnen nicht gut geht. Auch, wenn man nicht darüber spricht. Kinder machen sich dann oft dafür verantwortlich oder versuchen, die Eltern zu unterstützen und Verantwortung zu übernehmen. Und dabei können sie sich übernehmen.

Und gerade während der Krise haben die Kinder sehr deutlich die Sorgen und Ängste der Eltern gespürt. Aber auch andere Erwachsene können unbewusst zum Stressfaktor werden. So haben Studien ergeben, dass Schulkinder vor allem die Lautstärke in der Klasse als Stressor empfinden. Direkt an zweiter Stelle standen aber Lehrer, die die Lautstärke nicht in den Griff bekommen und deren Stress sich dann auf die Kinder überträgt.

Wie können Eltern ihre Kinder gerade jetzt unterstützen?

Ich denke, es ist wichtig, dass Kinder jetzt die Sommerferien in vollen Zügen genießen dürfen. Statt Unterrichtsstoff aufzuholen, sollten wir den Kindern eine schöne Zeit gönnen und sie Kind sein lassen. Sie sollten Zeit mit ihren Freunden, Spielen, Hobbys und anderen schönen Aktivitäten verbringen, aus denen sie Kraft ziehen. Es ist auch wichtig, den Kindern diese Entlastung klar zu signalisieren.

Die Kinder haben ein hartes Jahr hinter sich. Jetzt ist es wichtig, wieder ein stabiles Umfeld aufzubauen, Kontakte zu pflegen und eine sichere Stütze zu sein. Eltern sollten vor allem auch Freizeitaktivitäten abseits von Computer und Handy anbieten. Denn viele Kinder sind mangels Alternativen tief in die Mediennutzung abgerutscht – das wird langfristig noch ein anderes Thema werden.

Darüber hinaus ist es immer wichtig, ein offenes Ohr für die Themen der Kinder zu haben. Was beschäftigt sie gerade? Wir Erwachsenen unterschätzen, was das Jahr mit den Kindern gemacht hat. Und es ist wichtig, den Kindern zu signalisieren, dass es Lösungen gibt, die für alle gut sind.

Womit können Kinder im Falle von akuten Stresssituationen noch Kraft tanken?

Eigentlich gilt: Alles, was Spaß und Freude macht, kann eine Kraftressource sein. Am besten lässt man die Kinder auch mal selbst entscheiden, worauf sie gerade Lust haben. Viele Kinder können beim Hobby auftanken.

Aber ein zu durchgetakteter Alltag mit zu vielen Freizeitaktivitäten kann auch ein Auslöser von Stress sein. Man sollte sich fragen, wer möchte, dass das Kind diese Aktivität macht: das Kind selbst, oder doch eher die Eltern oder die Peergruppe? In der Regel wissen Eltern aber instinktiv, was gut ist für ihr Kind. Man sollte als Eltern auch auf sich selbst schauen: Bin ich hier im Stress? Wie kann ich mich verändern? Lasse ich mich zu sehr von Meinungen anderer beeinflussen? Und sich daran erinnern, dass es immer eine Chance gibt, etwas zu verändern, wovon dann alle profitieren.

 

Katrin Zirkel ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und bietet in ihrer Bochumer Praxis an der Kortumstraße 65 mit „Vorne. Weg.“ Sprechstunden speziell für Kinder und für Jugendliche an. Ziel ist es dabei, mithilfe von Beratung, Coaching oder Therapie eigene Wege zu gehen, Blockaden zu lösen, Verhaltensmuster zu ändern und sich selbst zu finden – und auch gut zu finden.

Um das zu erreichen, setzt Katrin Zirkel z. B. Methoden aus der systemischen Beratung und speziellem Emotions- und Leistungscoaching ein. Schon eine bis drei Coachingstunden können Kinder von Leistungsstress, Ängsten und Sozialstress befreien und positive Emotionen und Zuversicht ansprechen.

Mit einem minimalen Coaching-Einsatz speziell auf die Themen und Bedürfnisse von Kindern ausgerichtet, kann wieder Freude und Spaß in den normalen Alltag einkehren. Zum Kennenlernen sind die ersten 30 Minuten eines unverbindlichen Erstgesprächs kostenfrei. Für weitere Beratungen fällt ein Honorar von 80 Euro pro Stunde an. Die Leistungen werden in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Weitere Infos: www.katrin-zirkel.de

 

Zum Artikel „Leistungsdruck und Schulstress“ geht es hier.

Julia Schröder
Author: Julia Schröder

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