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Der Rosenkohl-Auflauf auf…

Bildnachweis: Jörn Stollmann

Moin, moin, gestatten, wir sind’s, die Hämpels. Der Erstgeborene James (7 Jahre), genannt Jamie, der zweite Sohn Charlie (4), meine liebe Ehefrau Sophia und ich. Das mit der »lieben Ehefrau« habe ich mal bei Peter Hintze im Fernsehen gehört, als ich noch nicht verheiratet war. Hintze ist bekannt, oder? Der war unter Kohl CDU-Generalsekretär und vorher Pfarrer. Ich fand das damals immer so anheimelnd, wenn er auf der Bühne »unseren Bundeskanzler mit seiner lieben Ehefrau Hannelore« begrüßte. Irgendwann in diesen mittlerweile so fernen Tagen muss ich mich wohl dazu entschlossen haben, dass ich auch gerne einmal eine »liebe Ehefrau« haben wolle. Betonung auf »liebe«. Aber ich merke schon, ich schweife ab! Eigentlich hatte ich mich bereits entschlossen, diese Kolumne überhaupt nicht zu schreiben. Ich meine, wir heißen ja schließlich im Freundes- und Kollegenkreis nicht umsonst »The Hämpels«. Bei uns geht es tüchtig drunter und drüber. Fragen Sie nicht nach Sonnenschein. Manchmal würde ich mir wünschen, wir hätten so ein schönes Sofa wie die berühmte gleichnamige Familie. Da könnte ich mich dann entspannt drauflegen und das ganze Chaos mal in Ruhe mit einem Psychologen bequatschen. Als Familienvater ist man ja immer schon froh, wenn auch andere Väter zugeben, dass nicht stets alles tutti bei ihnen zu Hause ist.So hat mir neulich mein alter Kumpel Karl mit vor Entsetzen geweiteten Pupillen erzählt, dass sein fünfjähriger Sohn Tim den kompletten Teller beim Mittagessen auf den nagelneuen Flokatiteppich geschmissen hätte, weil – Obacht! – er seinen Rosenkohl-Auflauf nicht aufessen wollte. Ich habe ihm besser nicht gesagt, dass unsere beiden Jungs bei solch einem Mittagessen gleich die Polizei gerufen hätten, um die eigenen Eltern abholen zu lassen. Und womit? Mit Recht!Dabei mag ich Rosenkohl sogar. Ich mag eigentlich so ziemlich alles. Das ist auch mein Problem. Essen tue ich gerne. Deshalb waren die zwei Schwangerschaften damals auch richtig klasse. Da kam auf den Tisch, worauf man Hunger hatte. Ohne Rücksicht auf Verluste, rein mit dem leckeren Zeug. Den Kindern im Bauch sollte es ja schließlich gutgehen. Und meine liebe Ehefrau beim Verzehr all der Köstlichkeiten alleine zu lassen, kam für mich gar nicht infrage. Mitgehangen, mitgefangen. Nein, nein, da mussten wir beide durch. Mittlerweile bereue ich meine Entscheidung von damals. Sophia hat die draufgepackten Pfunde in den letzten Jahren alle wieder verloren – bei mir hat sich die fette Panzerschicht tapfer gehalten. Genau zehn Kilo. Was man nicht alles für den eigenen Nachwuchs tut?!Dabei wissen die Kinder gar nicht zu schätzen, was man für sie für Mühen und Unannehmlichkeiten auf sich nimmt. Stattdessen hänseln sie einen auch noch. Charlie meinte neulich: »Papa, ich kann dir ruhig sagen, wo unser Geheimversteck ist. Du passt sowieso nicht durch den Eingang.«Das war an dem Tag, als ich morgens, wie immer, den »Witz des Tages« von den Kinderseiten der Zeitung vorgelesen hatte: »Die Mutter blättert mit ihrer Tochter in alten Fotoalben. »Mama, wer ist denn der dünne Mann mit der Brille da auf dem Foto?«, fragt die Tochter. »Das ist Papa«, erwidert die Mama. Die Tochter schaut sie entrüstet an: »Und wer ist dann der dicke Mann, der bei uns wohnt?« Ich muss wohl nicht dazu schreiben, dass die beiden Jungs herzhaft geschmunzelt haben – während ihre Mama vor Lachen fast vom Stuhl gefallen wäre.Momentan ist ein bisschen Ruhe bei uns eingekehrt. Das wurde aber auch Zeit. Die ersten Schulferien, in denen beide Jungs sechs Wochen am Stück zu Hause waren, sind hart gewesen. Für alle. Auch unsere Nachbarn, Frank und Dorothea Schwittek, hätten die ganze Chose nicht einen Tag länger ertragen. Das hat mir Frau Schwittek am Gartenzaun in einer ihrer berühmten Standpauken gestanden: »Hörnsema, Herr Hämpel, wann hört denn das Geplärre endlich auf? Von morgens bis abends toben die Blagen hier rum. Früher hat es so etwas nicht gegeben. Sechs Wochen Ferien? Meine Kinder sind noch vernünftig zur Schule gegangen. Das waren nicht alles so Lauschepper wie heutzutage. Da wurde gearbeitet. Knallhart. Und wenn sie mal schulfrei hatten, dann haben sie auf den Feldern geholfen. Bis zu 14 Stunden am Stück, ohne Pausen oder so einen Quatsch. Als Belohnung durften sie schließlich in ein Ferienlager fahren. Vier, fünf Tage. Dann war aber wieder Feierabend. Sechs Wochen? Wer hat denn so einen Schwachsinn überhaupt erfunden?«Eine berechtigte Frage, wenn man die Kommentare von gestressten Vätern und Müttern in den sozialen Netzwerken am Ferienende verfolgte. So lieb man die Kleinen auch hat: Das Reservoir an sinnvollen Beschäftigungsprogrammen war nach dieser langen Zeit einfach komplett ausgeschöpft.Schön war sie dennoch. Nicht immer, aber ganz häufig. Nachhaltig im Gedächtnis bleiben wird das angeregte Gespräch zwischen Jamie und Charlie einen Tag nach unserer Rückkehr von einer Nordsee-Insel. Zu Weihnachten wollte Jamie, dass sich beide zusammen eine Segel-Jacht wünschen. Warum beide zusammen? Weil es sich um eine »echte« handeln sollte. Ein meertaugliches Fortbewegungsmittel, das Platz für mindestens vier schlafende und essende Menschen bietet.Da Jamie schwante, dass das doch ein etwas größeres Geschenk sei, bat er seinen Bruder, einen seiner Wünsche zu opfern. Sodass beide anschließend jeder noch zwei weitere (wie sie auf diesen Gedanken kamen, bleibt ihr Rätsel!) übrig hätten. Leider verweigerte Charlie die Zustimmung, was kurzfristig die Debatte aus dem verbalen in den handgreiflichen Bereich verlagerte. Als sich die Gemüter wieder beruhigt hatten, erläuterte der Vierjährige seine Veto-Haltung: Er brauche leider alle drei Wünsche und führe eigentlich sehr gerne mit der Fähre. »Gut«, meinte Jamie«, »dann wird die Jacht aber auch nicht auf unser beider Namen getauft!« Das Leben kann manchmal so einfach sein. Jetzt müssen wir nur noch schauen, wie wir bis Weihnachten eine echte Segel-Jacht auftreiben. Aber das wird schon irgendwie klappen. Schließlich sind wir ja die Hämpels. Glück auf!
Ben Redelings

Bildnachweis: Jörn Stollmann

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