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KALLE: Ich will nach Bullerbü…

Kalle: Revierkind Maskottchen
Bildnachweis: Maike Hamann

KALLE: Ich will nach Bullerbü… 

Kennt ihr die Kinder aus Bullerbü? Nicht? Dann müsst ihr unbedingt mal die Bücher lesen. Astrid Lindgren hat sie geschrieben. Das ist die, die auch die Abenteuer von Pippi Langstrumpf geschrieben hat und von Michel aus Lönneberga und Ronja Räubertochter und Kalle Blomquist und Karlsson vom Dach und, und und… 

Aber zurück zu den Kindern aus Bullerbü. Sechs Kinder zwischen sieben und neun Jahren sind es, die alle in einem kleinen Dorf auf dem schwedischen Land leben und jede Menge Spaß haben. Ok, eigentlich sind es sieben, aber Kerstin ist noch sehr klein und deshalb bei den Abenteuern eher nicht dabei. Aber sie wird von ihrem großen Bruder Ole immer unterstützt und beschützt – eigentlich so, wie ich es auch bei meiner kleinen Schwester Lotta mache. Die sechs Büllerbü-Kinder jedenfalls machen fast alles zusammen. Jeden Morgen gehen sie zusammen zur Schule, helfen bei den Arbeiten auf den Bauernhöfen und spielen, wann immer es geht, draußen in der Natur. Und ganz egal, was sie so an Aufgaben zu bewältigen haben, für sie ist alles ein Spiel und ein Abenteuer. Hört sich super an, oder?  

Was richtig toll ist, ist ihr Schulweg. Der ist ziemlich lang, aber sie gehen stets zu Fuß und immer gemeinsam. Auf dem Hinweg müssen sie sich fast immer sputen, aber wenn die Schule aus ist, gehen sie nicht gleich nach Hause. Sie trödeln sehr gerne. Sie schlendern so vor sich hin, spielen in Wassergräben, kaufen sich zwischendurch ein paar Bonbons und treffen dabei ganz schön spannende und aufregende Menschen.  

Für so ein Stadtkind wie mich hört sich das wirklich traumhaft an. Stellt euch das mal vor: Ihr habt euer eigenes Ferkel oder ein Lämmchen, das ihr aufzieht; ihr könnt in der Scheune auf dem Heuboden schlafen, Höhlen graben oder Hütten bauen und im Sommer in einem kleinen See schwimmen oder vom Ufer aus angeln und Krebse fangen.  

Und was soll ich euch sagen? Die Eltern machen sich überhaupt keine Sorgen, wenn die Kinder von Bullerbü mal wieder etwas länger unterwegs sind. Gibt‘s ja auch keinen Grund. Was soll an so einem friedlichen und idyllischen Ort schon passieren? Kein Wunder, dass Inga – so heißt das Mädchen, das die Geschichten erzählt – betont: „Mir tun alle leid, die nicht in Bullerbü wohnen.“  

Wir Kinder aus dem Ruhrgebiet haben ja auch durchaus längere Schulwege. Aber wenn wir mal trödeln, dann können wir froh sein, dass unsere Eltern nicht ein Sondereinsatzkommando alarmieren und wir per Hubschrauber gesucht werden – wenn wir Kinder denn überhaupt alleine unterwegs sein dürfen und uns nicht das Elterntaxi überall hin chauffiert.  

 Zur Sicherheit wurde vorher der Schulweg abgegangen, millimetergenau dokumentiert und die Zeit für die Wegstrecke minutiös gemessen. Fünf Minuten Verspätung und schon macht sich Panik breit. Insbesondere bei Müttern scheinen die Zellen des Sorgenzentrums im Gehirn besonders gut vernetzt zu sein. Sie entwickeln imposante Angstfantasien, wenn es darum geht, was uns Kindern alles passieren könnte: Unfälle, Verbrechen, Dramen und Tragödien schlimmster Kategorie.  

Kein Wunder, dass sie heutzutage rund um die Uhr wissen möchten, wo sich ihre Kinder aufhalten. Weil ja auch in der Freizeit so ziemlich alles passieren kann – und das Kopfkino der Mütter einfach dauerhaft rotiert und nicht auszuschalten ist. Und da wir uns im digitalen Zeitalter befinden, ist die Dauerüberwachung à la „Big Mom is watching you“ auch kein Problem mehr. Zack – hat man eine Smartwatch am Arm, und wir werden per Standortbestimmung getrackt. Also ehrlich, man möchte doch auch als Kind mal was unternehmen, das Eltern nicht wissen sollen. Wie soll man denn echte Abenteuer erleben, wenn Mama und Papa ständig virtuell über einem schweben? Andererseits ist es ganz beruhigend, zu wissen, dass man im Notfall Hilfe rufen kann. 

Solche Sorgen hatten Kinder und Eltern in Büllerbü nie. Wirklich, ich möchte auch nach Büllerbü! Aber da ich halt nicht das Glück habe, dort zu leben, lese ich einfach alle Bücher, schau mir die Filme dazu an und träume von Bullerbü… 

Von Andrea Schröder

Julia Schröder
Author: Julia Schröder

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