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Was tun bei schlechten Noten?

Mit der Ausgabe der Halbjahreszeugnisse sind viele Eltern besorgt, dass ihre Kinder das kommende Schuljahr nicht schaffen oder dass die Noten nicht ausreichen, um erfolgreich zu sein. Viele fragen sich aber auch, wie sie ihre Kinder unterstützen können, damit es wieder aufwärts geht. REVIERkind hat mit Heike Neußer, Leiterin der Schulpsychologischen Beratungsstelle in Bochum, gesprochen.

Unter anderem beraten Sie Familien zum Lernen und zu schulischen Fragen. Welche Beobachtungen machen Sie, wenn Eltern zu Ihnen kommen, deren Kinder schlechte Noten haben?

Generell lässt sich sagen, dass die Eltern besorgt sind. Einige sind auch erschrocken, auch wenn man sagen muss, dass die Noten nicht aus heiterem Himmel kommen. In der Auseinandersetzung mit den Kindern passiert es manchmal, dass schnell Vorwürfe ausgesprochen werden oder Beschuldigungen fallen. Wir beobachten aber auch, dass viele Eltern Angst um die Zukunft ihrer Kinder haben.

Sie haben Vorwürfe und Beschuldigen angesprochen. Soll man sich Luft machen?

Es ist sicherlich hilfreich, mit dem Kind über seine eigenen Emotionen zu sprechen. Wichtig ist aber, darauf zu achten, was dabei vermittelt wird. Es ist ein Unterschied, ob man als Eltern sagt ‚los, lass uns Wege finden´ oder ob dem Kind vermittelt wird, dass es als Person abgelehnt wird. Und wenn einem doch einmal eine unglückliche Bezeichnung rausrutscht, sollten Eltern danach mit ihren Kindern sprechen und sich entschuldigen.

Welche Bedeutung haben denn die Reaktionen der Eltern für den schulischen Erfolg der Kinder?

Sätze wie ‚das habe ich doch schon tausend Mal gesagt‘ oder ‚Du faule Socke‘ machen die Kinder klein. Kinder beziehen so etwas oft auf sich und ihr Selbstbild wird beeinflusst. Sie wollen, dass ihre Eltern mit ihnen zufrieden und stolz auf sie sind  und fühlen sich dann oft abgelehnt. Die wenigsten Kinder sind faul, vielmehr haben sie negative Erfahrungen gemacht und oft nicht das Gefühl, dass es sich lohnt, wenn sie sich anstrengen. Wenn die Eltern stattdessen unterstützen, sich für den Schulalltag und die Lerninhalte interessieren sowie gemeinsam mit den Kindern nach Lösungen suchen, hat das einen positiven und stärkenden Effekt auf die Kinder.

Was wäre denn Ihr Tipp für Eltern, wenn das Kind eine schlechte Note mit nach Hause bringt?

Also erstmal gilt: Ruhe bewahren. Dann kann man gemeinsam überlegen, wie sich die schlechte Noten erklären lassen. Häufig sind es viele Faktoren: Bei einigen Kindern und Jugendlichen fruchtet die Anstrengung einfach nicht und sie bräuchten weitere Unterstützung, gegebenenfalls auch Lernberatung oder Lerntherapie. Auch das Klassenklima kann Einfluss auf den Lernerfolg haben, etwa wenn sich das Kind in der Schule gar nicht wohl fühlt. Was aber wesentlich ist: Sprechen Sie mit den Lehrerkräften. Oft können Sie nochmal eine gute Einschätzung geben und Hilfestellung geben. Teilen Sie aber auch mit, wenn Sie den Eindruck haben, dass die Hausaufgaben zu schwierig für Ihr Kind waren oder es diese nicht lösen konnte. Bei all dem sollte aber geschaut werden, was das Kind braucht: Dann kann man gemeinsam Ideen entwickeln,  einen Plan aufstellen und überlegen, wer was tun kann.

Wie sollte denn ein Plan aussehen?

Wichtig ist, zu schauen, welche Ziele realistisch sind. Wenn das Kind beispielsweise ein „mangelhaft“ in Englisch hat, ist es unwahrscheinlich, dass es auf dem kommenden Zeugnis eine Drei hat. Deshalb ist es wichtig, sich auch kleine Ziele zu setzen und vor allem: auch die kleinen Fortschritte zu sehen.

Sollten Eltern dann den Lernplan der Kinder kontrollieren?

Sie sollten in erster Linie versuchen, die Kinder zu unterstützen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass sie regelmäßig gemeinsam Vokabeln lernen beziehungsweise diese abfragen. Wenn die Eltern sich vielleicht selbst nicht so fit in dem Unterrichtsfach fühlen und beispielsweise schwierige Matheaufgaben selbst nicht lösen können, ist es oft hilfreich, wenn sie Interesse zeigen, sich erzählen und zeigen lassen, womit sie sich im Unterricht beschäftigt haben. Wenn die Kinder älter als 12 Jahre alt sind, wird es dagegen für die Eltern oft schwieriger. Die Heranwachsenden wollen immer mehr Verantwortung selbst übernehmen. Eltern sollten lernen, das auszuhalten. Sie sollten abklären, ob den Kindern bewusst ist, welche Anforderungen gerade an sie gestellt werden. Und dann kann man sich regelmäßig zusammensetzen, fragen, wo Unterstützungsbedarf vorhanden ist, und deutlich machen, dass man das gemeinsam schaffen kann.

Ist Nachhilfe eine gute Möglichkeit, die Noten zu verbessern?

Generell schon. Man sollte allerdings schauen, worum es geht. Wenn Lücken entstanden sind, die aufgearbeitet werden sollen, bestimmte Inhalte nicht verstanden wurden, ist Nachhilfe sicherlich gut. Wenn das Kind allerdings grundsätzlich überfordert ist, sollte man überlegen, ob unter Umständen ein Schulwechsel nicht vielleicht auch sinnvoll ist, um das Kind auch zu entlasten und die ständige Überforderung zu beenden.

Wann sollte denn gelernt werden?

Prinzipiell sollte kontinuierlich an den Problemen gearbeitet werden. Doch wichtig ist auch, dass es Zeiten gibt, in denen es nicht um das Thema Schule geht. Das bedeutet auch, dass mal nicht gelernt wird. Bei langen Ferien ist es dann hilfreich, einen Mittelweg aus schul- und lernfreier Zeit und Auffrischung des Lernstoffs zu finden. Das gleiche gilt für das Wochenende. Bei all dem sollte nicht vergessen werden, dass Kinder immer eine feste Zeit brauchen, wo sie sich auch anders erfahren, Zeit zum Treffen mit Freunden, Spielen, Pflege von Interessen, Sport und andere Hobbies haben.

Wo gibt es weitergehende Hilfe?

Neben dem Gespräch mit den Lehrkräften oder Nachhilfe kann es sinnvoll sein, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Hier kann nochmal aus psychologischer Sicht geschaut werden, wo gerade der Schuh drückt und ob der Lernstoff nicht verstanden wird oder ob es ein anderes Problem gibt, das vielleicht geklärt werden muss, damit es auch in der Schule läuft.

Wie sieht es denn mit Anreizen aus? Soll man Kinder dafür belohnen, dass sie für die Schule lernen?

Erst einmal ist ja die gute Note an sich die Belohnung. Wenn man zusätzlich noch etwas machen will, kann man auf soziale Verstärker zurückgreifen.  Also wenn gemeinsam mit dem Kind etwas unternommen wird und man mit dem Kind zusammen Spaß hat. Das kommt im Alltag häufig zu kurz, gerade wenn es schulische Probleme gibt. Wichtig ist aber, dass nicht die Leistungen belohnt werden, sondern dass Eltern auch sehen und anerkennen, dass sich das Kind Mühe gibt.

Und wenn dann doch mal die schlechte Note kommt und man als Eltern verzweifelt?

Denken Sie an Ihre eigene Schulzeit zurück! Meistens war die auch eher schwierig. Fragen Sie sich: Was hätten Sie da gebraucht?

Heike Neußer ist Diplom-Psychologin. Gemeinsam mit vier weiteren Fachkräften bietet sie in der Schulpsychologischen Beratungsstelle Bochum Beratungen für Lehrkräfte und Familien mit Kindern bis zum sechsten Schuljahr an. Die Beratungsstelle in der Liboriusstr. 39 ist erreichbar unter 0234-3339421 oder schulpsychologie@bochum.de.

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