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INTERVIEW: Struktur für Schulkinder

Bildnachweis: Praxis Vivamus

Manche Kinder benötigen mehr Überstützung im Umgang mit Regeln, Zeit und Ordnung. Sollte dies der Fall sein, kann eine Ergotherapie weiterhelfen. REVIERkind hat Ergotherapeutin Rabea Kemper, Inhaberin der Praxis Vivamus in Bochum, ein paar Fragen zum Thema „Struktur und Rituale für Schulkinder“ gestellt.

Brauchen Kinder Strukturen und Rituale?

Ja, Kinder brauchen Regeln, Strukturen und Rituale. Sie geben ihnen Sicherheit und Orientierung, sich im Alltag zurecht zu finden. Kinder brauchen auch Freiheiten, aber grenzenlose Freiheit würde sie überfordern. Es geht vor allem darum, dass die Kinder in der Interaktion spüren: „Ich kann mich auf Dich verlassen.“

Was versteht man unter einer „lebendigen Struktur“?

Unter einer „lebendigen Struktur“ verstehe ich spontan, dass die Strukturvorgaben für die Kinder transparent sein sollten. Zu oft handeln wir in unserem turbulenten Alltag aus der eigenen Stimmungslage heraus und erwarten, dass sich die Kids immer wieder an diese spontane, willkürliche Veränderung schnellstmöglich gewöhnen sollen. Dies verunsichert jedoch die Kinder. Je transparenter wir sind, desto einfacher ist es, für die Kinder mit den Strukturen umgehen zu können. Es wäre wünschenswert, dass unser Verhalten für die Kinder nachvollziehbar ist.

Wie reagieren Schulkinder auf die neuen Abläufe und Pflichten und wie kann man als Elternteil auf evtl. entstehende Verunsicherungen reagieren?

Grundsätzlich ist der Schulstart für die meisten Kinder erstmal etwas Besonderes. Dennoch fühlen sich viele Kinder schon recht schnell überfordert, da es ihnen schwer fällt, die vielen Regeln im Schulalltag zu verstehen, sich zu merken und sich dann auch noch daran zu halten. „Weniger ist mehr“, sage ich dann oft. Damit meine ich, es wäre schön, wenn es zunächst nur wenige Pflichten oder Regeln gibt, so dass diese von den Kids automatisiert werden können. Jedes Kind, aber auch jeder Mensch, benötigt bei einer Veränderung einen schnellen Erfolg, und den erziele ich, so denke ich, am hilfreichsten in kleinen Etappen.

Wie merken Eltern, ob ihr Kind Hilfe in Form von Ergotherapie oder anderen Therapien benötigt?

Ergotherapie ist grundsätzlich ein ärztlich zu verordnendes Heilmittel. Das heißt, die letzte Entscheidung ob eine Notwendigkeit für die Ergotherapie besteht, trifft der Kinderarzt oder ein Kinder- und Jugendpsychiater.
Wenn man merkt, dass die Schule dem Kind keinen Spaß macht – es viele frustrierende Erfahrungen macht, weil es sich nur schwer an Regeln halten kann, Aufgaben nicht fertig bekommt oder unter dem Druck leidet –, kann es hilfreich sein, Therapiemaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Vor allem wenn ich als Elternteil beobachte: Mein Kind leidet.
Oft erlebe ich auch die Aussage des Lehrers oder der Lehrerin als hilfreich. Die Eltern kennen ihre süßen Mäuse ja am besten selbst und haben ein gutes Bauchgefühl für die aktuelle Situation.

Wie können Sie als Ergotherapeutin Kindern, die mehr Unterstützung im Umgang mit Zeit, Ordnung und Regeln benötigen, helfen?

Als Ergotherapeutin ist es meine Aufgabe, Kindern die nötige Struktur zunächst vorzugeben und dann genau zu beobachten, welche Hilfestellungen sie benötigen um sich „erwünscht“ zu verhalten, das heißt also, an die Regel zu halten. Dies kann mithilfe unterschiedlicher verhaltensregulierender Maßnahmen begleitet werden. Kinder brauchen oft das visuelle Feedback (z.B. von Verstärkerplänen oder Zeitangaben), um ihr eigenes Verhalten reflektieren zu können.

Mein Hauptaugenmerk liegt jedoch vor allem darauf, über die soziale Verstärkung – und damit meine ich das verbale Loben – mit den Kids zu arbeiten. Wir Menschen neigen dazu, erst wieder mit den Kids in den Kontakt zu gehen, wenn etwas nicht gut funktioniert hat. Daher ist es umso wichtiger, genau darauf zu achten, wenn ein Kind die Regeln befolgt, just in dem Moment dies positiv zurückmelden. Nur so ist es mir möglich, dass sich das Kind bemüht, sich weiterhin in die Richtung zu entwickeln.

Und nur so ist es möglich, dass Kinder lernen, sich mit der Zeit selbst positiv zu steuern und den Intellekt, den sie haben, auch adäquat anzuwenden, so dass vor allem die Kinder zufrieden und glücklich sind. Eine intensive Elternarbeit, um eine eventuelle Interaktionsoptimierung für den Alltag zu erreichen, ist ein weiterer wichtiger Therapiebaustein.

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